Mehr Privatpleiten
Selbst die Doku-Soaps haben sie als Fressen gefunden: Die Insolvenzen der privaten Verbraucher. „Raus aus den Schulden“ heißt es dort, und das nicht umsonst. Die Inkassobranche schlägt Alarm, werden doch in diesem Jahr mehr private Pleiten erwartet als jemals zuvor. Erstmals wird die Zahl 125.000 angepeilt. In 2007 waren es dagegen „nur“ 105.000. Was ist los in deutschen Landen? Haben die Menschen kein Gefühl mehr fürs Geld, oder liegt es einfach nur daran, dass Kredite so einfach zu ergattern sind wie nie? Damit haben wir schon den ersten Hauptgrund betitelt: Überschuldung zieht viele Insolvenzen an. Ein zweiter, nicht zu vernachlässigender Grund ist die Arbeitslosigkeit, auch wenn wir die zu Schröders Zeiten noch kochenden 5 Millionen längst spürbar unterschritten haben.
Zwar dümpelt Deutschland auf dem Konjunkturaufschwung dahin. Aber trotzdem ist jeder zehnte erwachsene Deutsche überschuldet, und die Verbraucherinsolvenzen nehmen zu. Michael Eham, Geschäftsführer der Schuldnerhilfe Köln weiß dazu auch zu bereichten, dass mehr als 3,5 Millionen Haushalte nicht mehr in der Lage sind, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Diese Aussage wird von mehreren Studien gesockelt. Das Ende vom Lied sind so genannte Verbraucher-Insolvenzverfahren, die in ihrer Anzahl nach oben schießen wie der Spritpreis. Insolvent heißt aber nicht, dass nicht gezahlt werden muss, wenn der Schuldner nicht über die geeigneten Mittel verfügt. Stattdessen wird im Insolvenzverfahren geklärt, wie der Schuldner in einem sechsjährigen Zeitraum seine pfändbaren Werte an die Gläubiger überträgt. Voraussetzung dafür ist, dass vorher keine außergerichtliche Einigung zustande kam.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, mag hier als Slogan angebracht sein. So ist als erstes die wirtschaftliche Entwicklung der Vergangenheit zu nennen, die viele ins Schleudern bringt und brachte. Kein Wunder, denn ein aufs aktuelle Einkommen zugeschnittener Kredit entpuppt sich schnell als unüberwindliche Hürde, wenn Krankheit oder Arbeitslosigkeit das Einkommen schmälern. Aus dem einst gut situierten Kreditnehmer wird so schnell ein Armutsschuldner.
Ein anderes, nicht zu vernachlässigendes Phänomen ist das Konsumverhalten – verbrauchen auf Teufel komm raus. Wie oben angerissen, wird es uns ja heute viel zu einfach gemacht, auf Pump zu leben. Wir werden sogar dazu animiert. Kein Wunder, dass naive, leicht zu überzeugende Konsumenten sich schnell übernehmen. Geradezu grotesk ist es, den Urlaub auf Pump zu genießen, denn wie schnell ist dieser vorbei, und der Kredit bleibt – oft über Jahre – bestehen. Und wie ist es dann im nächsten Jahr?
Ist es nicht lustig, dass bereits für Kinder im Vorschulalter Bücher gedruckt werden, die Physik und Chemie lehren, wovon selbst viele Erwachsene nur wenig Ahnung haben! Eine verkorkste Pisastudie macht’s möglich und treibt den Deutschen den Angstschweiß auf die Stirn. Aber das, was wirklich wichtig ist, fehlt auf dem Stundenplan. Der richtige Umgang mit Geld sollte vom Elternhaus vorgelebt und den Kindern entsprechend beigebracht werden. Dann wird sich die nächste Generation über sinkende Privatpleiten freuen. Wetten?
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 17.04.2008 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
Über diesen Beitrag
Veröffentlicht am: 17.04.2008
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Schlagwörter: Privatpleiten, Insolvenzen, Verbraucher, Überschuldung, Arbeitslosigkeit, Verbraucher-Insolvenzverfahren
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