Trügerischer Effektivzins: Kredite kündigen kann teuer werden
Zum 11.06. ist eine neue Richtlinie für Verbraucherkredite in Kraft getreten. In der Fachpresse werden verschiedene Vorteile für Kreditnehmer immer wieder hervorgehoben. Insbesondere die neueren Regelungen im Fall einer Kreditkündigung durch den Darlehensnehmer werden gemeinhin als Gewinn für Verbraucher dargestellt.
Der Hintergrund: Verbraucherdarlehen ohne grundpfandrechtliche Besicherung (also praktisch alle Ratenkredite) können seit Kurzem ohne Frist durch den Kreditnehmer gekündigt werden. Banken dürfen nach wie vor eine Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellen. Der Gesetzgeber begrenzt deren Höhe allerdings: Maximal 1 Prozent des Ablösesaldos sollen Kunden zahlen. Bei Krediten mit einer Restlaufzeit von weniger als 12 Monaten dürfen sogar nur 0,5 Prozent anfallen.
Die vermeintliche Freizügigkeit beim Ausstieg aus Kreditverträgen werden viele Privatkunden in den kommenden Monaten und Jahren allerdings teuer bezahlen. Denn wie teuer eine Kündigung tatsächlich ist, hängt von der Kostenstruktur ab. Der Großteil der Banken verlangt eine Bearbeitungsgebühr - je nach Anbieter zwischen ca. 1 und 5 Prozent des Nettodarlehensbetrages.
Die Gebühr wird bei der Auszahlung des Kredits fällig und umgehend dem Kreditkonto belastet. Bei einem Kredit über 10.000 Euro mit 3 Prozent Bearbeitungsgebühr beläuft sich der Saldo des Darlehenskontos direkt nach der Auszahlung deshalb auf 10.300 Euro.
Bei einer Kündigung des Kredits durch den Darlehensnehmer muss der gesamte Kontosaldo beglichen werden. Die Gebühr ist damit verloren. Die gesetzlich begrenzte Vorfälligkeitsentschädigung fällt zusätzlich an.
Die meisten Verbraucher orientieren sich bei der Auswahl eines Kredits am effektiven Jahreszins. Dieser bezieht sich allerdings auf die Gesamtkosten über die ursprünglich geplante Laufzeit hinweg und berücksichtigt nicht deren Zusammensetzung. Wird ein Kredit vorzeitig gekündigt, ist der Zinssatz aufgrund der Bearbeitungsgebühr erheblich höher.
Verbraucher sollten beim Kreditvergleich deshalb nicht nur den effektiven Zinssatz, sondern auch seine Zusammensetzung berücksichtigen. Das gilt besonders bei Krediten mit langer Laufzeit: Je wahrscheinlicher es ist, dass vorzeitig genügend Geld zur Rückzahlung zur Verfügung steht, desto wichtiger ist eine möglichst niedrige Bearbeitungsgebühr.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 29.06.2010 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
Über diesen Beitrag
Veröffentlicht am: 29.06.2010
Abrufe: 8968
Schlagwörter: Kredite kündigen, Bearbeitungsgebühr, Trügerischer Effektivzins, Vorfälligkeitsentschädigung
Ähnliche Beiträge:
→ Verbraucherkreditrichtlinie: Sonderzahlungen beim Kredit nun teurer als je zuvor
Zurück zur Übersicht von creditolo Aktuell