Überhitzt: Das Geschäftsmodell Mikrokredite kämpft mit einer Blasenbildung
In Indien und einigen anderen Entwicklungsländern platzen reihenweise vergebene Mikrokredite. Das starke Wachstum der Branche ging in weiten Teilen zulasten der Kreditqualität. Das hochgelobte Geschäftsmodell kämpft mit Überhitzung und Blasenbildung. Privatanleger müssen sich dennoch nur wenig Sorgen um ihre Mikrokreditfonds machen.
Das Prinzip von Mikrokrediten ist einfach. Ein spezialisiertes Mikrofinanzierungsinstitut leiht Menschen in der Dritten Welt einen geringen Geldbetrag – zwischen 30 und 50 Euro - und ermöglicht es dem Kreditnehmer damit, eine eigenständige Existenz aufzubauen. Banken übernehmen diese Funktion nicht, da sie Milliarden Menschen keinen Zugang zu Krediten gewähren. Private Geldgeber kommen auch nicht infrage, weil sie zu hohe Zinsen verlangen und die Kreditnehmer dadurch ausbeuten.
Die Darlehen der Mikrofinanzinstitute sind keineswegs zinsfrei. Je nach Region und Institut sind auch 30 Prozent Zinsen nach Abzug der Inflation normal. Da verwundert es nicht, dass das Segment viel Kapital angezogen hat. In Teilen Indiens ist der Markt nun völlig überhitzt. Es wurden zu viele Kredite vergeben, die nicht mehr bedient werden konnten. Nur ein Rettungsfonds konnte einen Zusammenbruch des Marktes in der Region Andrha Pradesch verhindern.
Die KfW-Förderbank schätzt, dass in der Region Mikrokredite im Umfang von 3,8 Mrd. Euro ausstehen. 6 Millionen der 80 Millionen Einwohner der Region hätten sich Geld geliehen. Die Rückzahlung war vielen von ihnen nur möglich, wenn zugleich neue Schulden aufgenommen wurden. Die KfW sieht den Markt für Mikrokredite allerdings nicht in einer weltweiten Krise. Die Förderbank geht davon aus, dass weniger als 2 Prozent der von ihr selbst finanzierten Darlehen ausfallen.
Die Überhitzung beschränkt sich allerdings nicht auf Indien, auch wenn dort die Problematik am größten ist. Auch in der Ukraine, in Nicaragua und auf dem Balkan gibt es Anzeichen einer zu lockeren Kreditvergabe zulasten der Qualität.
Anleger, die in Mikrokreditfonds investiert haben, müssen sich nicht um ihr Geld sorgen. Die Fonds vergeben keine direkten Kredite an Menschen irgendwo auf der Welt. Sie leihen ihr Geld stattdessen Mikrofinanzinstituten und erhalten dafür im Gegenzug Schuldverschreibungen, die das Fondsvermögen darstellen.
Kreditausfälle auf Seiten der Institute kommen beim Fonds deshalb nicht direkt an. Erst wenn ein Institut zahlungsunfähig wird, muss auch der Fonds abschreibe. Die meisten in Deutschland populären Fonds sind von der aktuellen Krise jedoch wenig bis gar nicht betroffen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 30.12.2010 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 30.12.2010
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Schlagwörter: Mikrokredite, Indien, Mikrofinanzierungsinstitute, Kleinkredite
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