Urteil: Banken haften bei verantwortungsloser Kreditvergabe
Banken können haftbar gemacht werden, wenn sie Kredite verantwortungslos vergeben. Das teilt der Verbraucherzentrale Bundesverband unter Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts Berlin mit. Erkennt eine Bank anhand der vorliegenden Sachlage, dass der Kapitaldienst eines Kredits den Darlehensnehmer früher oder später überfordern wird, muss sie ihn darauf hinweisen.
Im vor dem Berliner Landgericht verhandelten Fall hatte ein Ehepaar eine Eigentumswohnung mit einem Kredit finanziert. Das Ehepaar wollte per Gericht eine Rückabwicklung des Kaufs erreichen. Ihr Vorwurf an die Bank lautete, dass diese Kenntnis von einer sittenwidrigen Täuschung gehabt habe.
Die Richter gaben den Klägern Recht. Die beiden Eheleute wären am Ende der Tilgung 73 und 74 Jahre alt gewesen. Die Bank hätte erkennen müssen, dass der Kapitaldienst spätestens mit dem Beginn des Rentenalters und dem Wegfall großer Teile des Einkommens nicht mehr möglich sein würde. Dem Ehepaar standen keine weiteren Einkünfte zur Verfügung.
Das Risiko einer verantwortungslosen Kreditvergabe ist vor allem bei Immobilienkrediten groß. Während Banken bei einfachen Ratenkrediten selbst ein großes Interesse an einer vollständigen Rückzahlung haben, kann dies bei Immobiliendarlehen mit grundpfandrechtlicher Besicherung anders sein. Kann der Kreditnehmer die Raten für einige Jahre zahlen, ist das Verlustrisiko der Bank gleich null, weil sie sich mit der Verwertung der nur noch teilweise belasteten Immobilie schadlos halten kann.
Kreditnehmer hingegen haben die Raten in einem solchen Fall über Jahre hinweg umsonst gezahlt, weil mit dem Verkauf der Immobilie nicht viel mehr erlöst wird als die offene Restschuld. Ob das Urteil richtungsweisend sein wird, ist noch offen. Besonders bei Immobilienkrediten sollten Verbraucher deshalb unabhängig von der Bank planen und ihre eigene finanzielle Leistungsfähigkeit kritisch und neutral bewerten.
Die 55 Mitgliedsinstitute des Bankenfachverbands haben sich zur Einhaltung eines Kodexes verpflichtet, der für Raten- und Rahmenkredite gilt und zeitgleich mit der Verbraucherkreditrichtlinie am 11. Juni 2010 in Kraft trat. Der Kodex beinhaltet allerdings kaum mehr als die gesetzlichen Bestimmungen und explizite Hinweise auf eine verantwortungsvolle Kreditvergabe finden sich vorwiegend in der Präambel.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 18.02.2011 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 18.02.2011
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Schlagwörter: Kredite, verantwortungslose Kreditvergabe, Kapitaldienst überfordert, sittenwidrigen Täuschung
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