EZB hebt Zinsen an: Deutlich steigende Kreditzinsen erwartet
Die Kehrtwende in der geldpolitischen Strategie der Europäischen Zentralbank wird zu höheren Zinsen bei Ratenkrediten und anderen Darlehen führen. Die Währungshüter um EZB-Präsident Jean Claude Trichet hatten zuletzt in für Zentralbank-Jargon ungewohnt deutlicher Manier durchblicken lassen, dass im April Schluss ist mit dem billigen Geld.
Der EZB-Leitzins beträgt derzeit 1,0 Prozent und ist damit so niedrig wie nie zuvor. Banken können sich zu diesem Zinssatz unbegrenzt viel Geld leihen und so ihre Refinanzierungskosten deutlich drücken. Ein Anstieg der Zinsen wird nicht nur Ratenkredite, sondern auch variabel verzinste Darlehen wie Rahmenkredite und Kontokorrentkredite spürbar verteuern.
Volkswirte gehen davon aus, dass im April der Leitzins um 50 Basispunkte angehoben wird. Bis zum Jahresende werden zwei weitere Zinsschritte erwartet, so dass der Leitzins in 8 Monaten durchaus um 1,5 Prozentpunkte höher liegen könnte als jetzt. Die Zinsentwicklung wird maßgeblich von der Inflation beeinflusst: Die EZB will die Inflationsrate langfristig unter 2 Prozent im Jahr halten und muss dazu die geldpolitischen Zügel straffen, wenn die Teuerung ausufert.
Nicht nur der Leitzins könnte steigen. Die EZB hat seit de m Ausbruch der Finanzkrise mit verschiedenen Programmen viel unternommen, um auch die langfristigen Zinsen zu drücken. So kaufte die Zentralbank zum Beispiel Staatsanleihen am Markt auf und stimuliert so die Kurse der Papiere, was gleichbedeutend mit sinkenden Zinsen ist. Zudem akzeptiert sie auch Staatsanleihen mit niedrig bewerteter Bonität als Sicherheit für Kredite an Geschäftsbanken. Werden auch diese Maßnahmen eingestellt, könnten die Zinssätze auch für mittlere und lange Laufzeiten deutlich steigen.
Derzeit verlangen Banken für Ratenkredite mit 36 Monaten Laufzeit im Durchschnitt 7,14 Prozent Zinsen im Jahr. Bei 60 Monaten Laufzeit müssen Kreditnehmer im Schnitt 7,55 Prozent p.a. zahlen. Das geht aus den Indizes der unabhängigen FMH Finanzberatung hervor. Für Dispokredite verlangen Banken demnach im Schnitt 11,22 Prozent und für geduldete Überziehungen werden 15,64 Prozent p.a. fällig.
Die Dispozinsen könnten bei steigenden Leitzinsen besonders deutlich ansteigen. Im Zuge der Verbraucherkreditrichtlinie aus dem vergangenen Jahr hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Zinssätze an einen Referenzzinssatz gekoppelt sein müssen. Dabei handelt es sich um den EZB-Leitzins oder einen Geldmarktzins. Da die Kopplung an den Referenzzinsatz ausgerechnet auf einem historisch niedrigen Zinsniveau vorgenommen wurde, werden steigende Zinsen Kontoüberziehungen noch teurer machen als bislang.
Experten empfehlen, alle bestehenden Verbindlichkeiten in den kommenden Tagen auf den Prüfstand zu stellen und die Möglichkeit einer Umschuldung zu prüfen. Besonders überzogene Girokonten und Saldi auf Revolving Cards sollten ausgeglichen werden. Auch bei älteren Ratenkrediten lohnt sich jedoch häufig eine Ablöse.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 09.03.2011 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 09.03.2011
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Schlagwörter: Ratenkredite, steigende Kreditzinsen, EZB
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