Fremdwährungskredite sind mehr denn je ein Instrument für Wagemutige
Die Kursschwankungen an den internationalen Finanzmärkten machen auch vor dem Devisenmarkt nicht halt. Das hat direkte Auswirkungen auf Fremdwährungskredite. Darlehen in fremder Währung sind heute so riskant wie nie, während Absicherungsgeschäfte zugleich teurer sind als je zuvor.
Fremdwährungskredite bieten, geht es nach ihren Befürwortern, zwei Vorteile. Zum einen können Kreditnehmer sich in einer Währung mit niedrigem Zinsniveau verschulden und bei Änderungen des Zinsniveaus jederzeit in eine andere Währung wechseln (im Jargon "Switchen"). Zum anderen bietet der Kredit in fremder Währung die Chance auf einen Spekulationsgewinn: Wertet die Kreditwährung gegenüber der Einkommenswährung ab, sinkt die Schuldenlast ganz ohne mühsame Tilgung.
Diese Medaille hat selbstredend zwei Seiten. Entwickeln sich die Wechselkurse zu ungunsten des Kreditnehmers, drohen herbe Verluste. In den vergangenen Wochen war das Risikopotenzial besonders am Schweizer Franken zu erkennen.
Anfang Juli wurden am Devisenmarkt für einen Schweizer Franken 0,80 Euro gezahlt. Als Investoren weltweit sich aus Angst vor Rezession und Staatsbankrott auf den Schweizer Franken als sicheren Hafen stürzten, wertete die eidgenössische Währung massiv auf: In der Spitze musste für einen Franken Mitte August fast 1,00 Euro gezahlt werden. Das entspricht einer Aufwertung um 25 Prozent in wenigen Wochen.
In Zahlen bedeutet das: Wer sich Anfang Juli 300.000 Euro über ein Fremdwährungsdarlehen beschafft hat, nahm 375.000 Franken Kredit auf und tauschte das Geld in Euro um, um eine Immobilie zu finanzieren oder einen auslaufenden Kredit abzulösen. Binnen weniger Wochen stieg der Euro-Saldo des Darlehenskontos von 300.000 auf 375.000 Euro.
Kreditnehmer können sich am Finanzmarkt gegen ungünstige Wechselkurse absichern. Das ist z. B. mit bedingten Termingeschäften (im Wesentlichen Optionen und Optionsscheine) möglich. Im Preis dieser Instrumente ist die implizite Volatilität der Märkte enthalten. Je stärker die Märkte hin und her schwanken, desto teurer wird die Absicherung. Der erhoffte Vorteil durch ein niedrigeres Zinsniveau schwindet dann rasch.
Kreditnehmer sollten angesichts der möglicherweise anhaltend veränderten Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten besonders gründlich prüfen, ob das übernommene Risiko zu den eigenen Vorstellungen passt. Prinzipiell könnte jede Währung in den kommenden Jahren starken Schwankungen unterliegen. Dafür sorgen nicht zuletzt die Zentralbanken, die das Finanzsystem in den letzten Jahren mit Unmengen Liquidität geflutet haben, die jetzt (auch) spekulativ eingesetzt wird.
Wer in den Schwankungen mehr Chancen als Risiken sieht, sollte über einen Korb aus fremden Währungen anstelle einer einzelnen Kreditwährung nachdenken. Anstelle eines CHF-Kredits können z. B. fünf Kredite eingesetzt werden: Je 20 Prozent der Finanzierungssumme entfallen auf GBP, USD, CHF, JPY und AUD.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 30.08.2011 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 30.08.2011
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Schlagwörter: Fremdwährungskredite, fremde Währung, Wechselkurse
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