Finanztest warnt: Effektivzins bei Baudarlehen kann täuschen
Auf den Effektivzins ist kein Verlass mehr. Vor allem bei Hypothekendarlehen von Sparkassen ist Vorsicht angesagt. Das berichtet die Stiftung Warentest in ihrer aktuellen Ausgabe von "Finanztest". Der ausgewiesene Effektivzins ist demnach häufig viel zu niedrig. Auch die Effektivzinsangaben von Bausparkassen enthalten Tücken.
Das Problem: Eine EU-Richtlinie aus dem vergangenen Jahr schreibt Banken vor, den Effektivzins für die gesamte Laufzeit anzugeben, auch wenn diese deutlich länger ist als die Zinsfestschreibung. Bei vielen Banken hat das keine Auswirkungen, weil mit dem Festzins weitergerechnet wird. Nicht so bei den Sparkassen. Diese rechnen für die Zeit nach der Zinsbindung mit dem aktuellen Zinssatz für variabel verzinsliche Darlehen weiter. Liegt der variable Zinssatz unter dem Festzins, drückt das den Effektivzins.
Spätestens wenn der Effektivzins unter dem Sollzins während der Zinsbindung liegt, sollten Interessenten hellhörig werden. Eigentlich ist das ein Ding der Unmöglichkeit: Ein Effektivzins unterhalb des Sollzinssatzes sagt aus, dass die Kosten der Finanzierung niedriger sind als die Zinsforderungen der Bank. Eine solche Aussage ist vollkommen sinnlos.
Die Einbeziehung des variablen Zinssatzes in den Effektivzins eines Festzinsdarlehens führt das Konzept des Effektivzinssatzes ad absurdum. Die zukünftige Höhe des variablen Zinssatzes ist vollkommen ungewiss. Der Effektivzins soll eigentlich dazu dienen, alle Kosten eines Darlehens anzugeben. Neben dem eigentlichen Sollzins sind auch Bearbeitungsgebühren und Kosten durch die unterjährige Verbuchung von Zins und Tilgung auf dem Darlehenskonto enthalten.
Die Stiftung Warentest führt als Beispiel für die Problematik Angebote von der Stadtsparkasse und der Kreissparkasse Düsseldorf auf. Die Stadtsparkasse bot Anfang September ein Darlehen über 100.000 Euro mit zehn Jahren Zinsbindung zu einem Sollzins von 3,5 Prozent an. Der Effektivzins lag bei 3,3 Prozent (also tatsächlich unter dem Sollzins!). Ein vollständig identisches Darlehen wurde von der Kreissparkasse Düsseldorf angeboten. Der einzige Unterschied: Der Effektivzins lag bei 4,48 Prozent und damit 118 Basispunkte (!) höher als bei der Stadtsparkasse.
Auch die Effektivzinssätze von Kombidarlehen bei Banken und Bausparkassen sollten nicht unreflektiert als Vergleichsgrundlage genutzt werden, meint die Stiftung Warentest. Ein Kombidarlehen besteht aus einem Hypothekenkredit und einem Bausparvertrag. Der Kredit wird mit der Bausparsumme nach deren Zuteilung abgelöst, danach schließt sich die Tilgung des Bauspardarlehens an.
Bausparkassen nennen in dieser Konstellation gerne zwei Zinssätze: Einen für das Hypothekendarlehen und einen für das Bauspardarlehen. Korrekt wäre aber der Effektivzins für die Kombination aller involvierten Verträge, weil nur dann auch alle Sparbeiträge und die gesamte Abschlussgebühr berücksichtigt werden. Finanztest nennt ein Beispiel, in dem eine Bausparkasse die Zinssätze 3,71 und 3,85 Prozent genannt hat, der tatsächliche Effektivzins jedoch bei 4,6 Prozent lag.
Auf der Suche nach einer Erst- oder Anschlussfinanzierung sollten Verbraucher deshalb genau hinsehen. Insbesondere bei Sparkassen sollte verlangt werden, dass der Effektivzins nur für die Dauer der Zinsbindung berechnet wird. Bei Kombidarlehen sollte die Angabe sich auf die Gesamtkonstruktion beziehen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 11.10.2011 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 11.10.2011
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Schlagwörter: Finanztest, Baudarlehen, Effektivzins, Sparkassen
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