Günstiger Kredit: Wer von der EZB-Leitzinssenkung profitiert
Die EZB hat überraschend den Leitzins für die Eurozone von 1,50 auf 1,25 Prozent p.a. gesenkt. In der Tendenz könnten Kredite deshalb billiger werden. Ein Automatismus ist das aber nicht. Vor allem im Privatkundengeschäft ist der Vergleich wichtiger für die realisierten Konditionen als das Zinsniveau.
Die Leitzinssenkung wirkt sich auf variabel verzinste Kredite aus. Dispokredite und Abrufdarlehen sollten geringfügig günstiger werden - für Neu- und Bestandskunden. Wunder sind aber nicht zu erwarten. Sollte der durchschnittliche Zinssatz für Dispokredite infolge der Leitzinssenkung um mehr als 10 Basispunkte nachgeben, wäre das eine Überraschung. Wer sein Girokonto überzogen hat sollte eine stets vorteilhafte Umschuldung deshalb nicht unter dem Vorwand der Zinssenkung aufschieben.
Günstiger könnten auch Ratenkredite mit maximal 24 Monaten Laufzeit werden. Der Leitzins wirkt sich bei der Refinanzierung von Krediten nur für maximal 12 Monate aus. Deshalb verpufft der Effekt mit steigender Laufzeit. Wer einen Ratenkredit mit ein bis zwei Jahren Tilgungsdauer benötigt, sollte noch zwei bis drei Wochen abwarten – dann ist die Zinssenkung bei den Konditionen für Endkunden angekommen.
Gerade bei Kleinkrediten bis ca. 3000 Euro finden sich allerdings viele Schnäppchen und Sonderangebote, die Banken zur Neukundengewinnung anbieten. Hier spielt die Zinssenkung eine untergeordnete Rolle.
Auf die Konditionen langfristiger Ratenkredite wird sich die Leitzinssenkung wenig bis gar nicht auswirken. Das gilt auch für Immobilienfinanzierungen mit Zinsbindung. Für diese Kredite ist das langfristige Zinsniveau maßgeblich. Es ist aber durchaus möglich, dass Mario Draghi auch am langen Ende interveniert und die Zinsen drückt.
Die EZB kann über den Anleihemarkt Einfluss auf die langfristigen Zinsen nehmen und hat dies bereits unter Jean-Claude Trichet getan. Dazu kauft sie Anleihen am Sekundärmarkt und treibt so deren Kurse nach oben. Steigende Kurse sind bei Anleihen gleichbedeutend mit sinkenden Renditen, was dann auch auf die Renditen neu emittierter Anleihen gilt. Auf diesem Weg können die Refinanzierungskosten für Banken gesenkt werden, so dass Kredite auch bei längerer Laufzeit günstiger werden.
Es spricht einiges dafür, dass Mario Draghi sich bei der Geldpolitik und bei Interventionen auf dem Sekundärmarkt weniger zurückhaltend zeigen wird als sein Vorgänger. In den ersten drei Tagen seiner Amtszeit hat er bereits Anleihekäufe (vorwiegend italienische und spanische Titel) sowie eine Zinssenkung trotz starker Inflation zu verantworten. In der symbolgeprägten Kommunikationspolitik der Zentralbank ist das ein starkes Signal.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 04.11.2011 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 04.11.2011
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Schlagwörter: Günstiger Kredit, billiger Kredit, EZB-Leitzinssenkung, variabel verzinste Kredite
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