Immobilienfinanzierung: 2,00 Prozent Anfangstilgung sind Pflicht
Immobilienkäufer sollten im aktuellen Marktumfeld eine Anfangstilgung ihres Kredits in Höhe von mindestens 2,00 Prozent vorsehen: Sonst ist nach dem Ende der ersten Zinsbindung die Restschuld gefährlich hoch. Liegen die Kreditzinsen dann deutlich höher, droht im schlimmsten Fall die Pleite.
Es ist eine Tücke von Annuitätendarlehen, die bei fast 100 Prozent der in Deutschland realisierten Immobilienfinanzierungen lauert. Die konstante Kreditrate setzt sich aus einem Zins- und einen Tilgungsanteil zusammen. Im Zeitverlauf nimmt der Zinsanteil ab, während der Tilgungsanteil deckungsgleich zunimmt. Der Rückgang des Zinsanteils ist umso geringer, je niedriger der Darlehenszins ist. Mit 1,00 Prozent Anfangstilgung lässt sich das Eigenheim im aktuellen Marktumfeld zwar mit einer niedrigen Rate bezugsfertig machen - das dicke Ende aber kommt bei der Anschlussfinanzierung.
Annuitätendarlehen und ihre trügerische Sicherheit
Wem dieser Effekt nicht bekannt ist, der überschätzt rasch seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Dazu ein Zahlenbeispiel. Ein Hypothekenkredit über 400.000 Euro kann bei einem nominalen Sollzins von 6,50 Prozent und 1,00 Prozent Anfangstilgung über einen Zeitraum von zehn Jahren auf eine Restschuld von rund 344.000 Euro geschrumpft werden. Erforderlich ist dazu eine monatliche Rate in Höhe von 2500 Euro.
Bei einem Zinssatz in Höhe von 2,50 Prozent - im derzeitigen Marktumfeld bei einem Beleihungsauslauf unter 60 Prozent keine unrealistische Größe - kann der Kredit über 400.000 Euro anfangs mit einer monatlichen Rate in Höhe von knapp 1170 Euro gestemmt werden. Nach zehn Jahren beträgt die Restschuld allerdings knapp 355.000 Euro.
Muss dieser Betrag im Rahmen der Anschlussfinanzierung durch ein neues Darlehen mit wiederum zehn Jahren Zinsbindung abgelöst werden und ist der Zinssatz zwischenzeitlich auf 6,50 Prozent gestiegen wächst die Höhe der monatlichen Rate um 90 Prozent auf 2220 Euro. Und selbst diese Rate setzt voraus, dass die Anfangstilgung des Anschlussdarlehens erneut bei 1,00 Prozent angesetzt wird. Nach insgesamt 20 Kreditjahren steht dann eine Restschuld in Höhe von 305.000 Euro zu Buche.
Zinsniveau für schnellere Tilgung nutzen
Angehende Bauherren und Käufer sollten sich keinesfalls von Maklern und Bankberatern einreden lassen, dass das Zinsniveau auch in zehn Jahren noch so niedrig sei wie jetzt. Gerne werden unentschlossene Käufer in diesem Zusammenhang auf Japan verwiesen, wo eine extreme Niedrigzinsphase seit fast zwei Jahrzehnten andauert. Erstens steht die Entwicklung in Japan nicht in einem direkten Zusammenhang mit der in Europa.
Zweitens herrscht in Japan seit den 90er Jahren eine hartnäckige Deflation: Die Kaufkraft des Geldes wächst, anstatt zu steigen. Das erleichtert es der japanischen Notenbank, Geld zu drucken. In Europa deutet sich eine Phase spürbar steigender Inflationsraten an. Neben der lockeren Geldpolitik tragen dazu auch Umwälzungen in den Schwellenländern bei, die nicht länger durch extrem niedrige Lohnkosten zu verbilligten Importen beitragen können.
Kreditnehmer sollten das historisch niedrige Zinsniveau deshalb nicht missverstehen: Niedrige Zinsen ermöglichen eine schneller Tilgung und erhöhen das verfügbare Einkommen der Zukunft durch eine raschere Entschuldung. Sie sollten nicht dazu dienen, über die eigenen Verhältnisse hinaus und in eine ungewisse Zukunft zu kaufen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 19.07.2013 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 19.07.2013
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Schlagwörter: Immobilienfinanzierung, 2,00 Prozent Anfangstilgung, Ende der ersten Zinsbindung, Anschlussfinanzierung
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