creditolo-Studie: Was passiert bei einer Währungsreform mit Krediten?
Viele Sparer fürchten in der Euro-Krise um ihr Vermögen. Doch was passiert bei einer Währungsreform eigentlich mit laufenden Krediten? creditolo hat zu dieser Frage eine Umfrage gestartet. Eines der Ergebnisse unserer Studie: Viele Verbraucher halten laufende Kredite bei einem Kollaps der Währung für gefährlich - historisch betrachtet ist diese Sorge aber eher unbegründet.
1040 Personen wurde die Frage gestellt, was bei einer Währungsreform oder ähnlichen Ereignissen mit laufenden Krediten passiert. Die repräsentative Umfrage wurde im Auftrag von creditolo durch das Marktforschungsinstitut YouGov im Zeitraum vom 14. bis zum 16. Oktober durchgeführt. Die Teilnehmer konnten zwischen sieben Antwortmöglichkeiten auswählen.
Kredite und Euro-Crash: Was glauben die Deutschen?
38 Prozent der Befragten glauben demnach, dass ein laufender Kredit bei einem Währungskollaps bestehen bleibt, die Löhne und Gehälter aber sinken. In diesem Fall würde die Kreditbelastung faktisch wachsen. Besonders auffällig: 26 Prozent der Befragten gaben an, sich keine rechte Vorstellung von den Auswirkungen einer Währungsreform auf laufende Kreditverträge machen zu können. Dieser extrem große Anteil macht deutlich, wie viel Unsicherheit bei dieser sensiblen Problematik im Spiel ist.
16 Prozent der Befragten glauben, dass Kredite von einem Zusammenbruch der Währung nicht betroffen seien. Weitere 15 Prozent der Teilnehmer rechnen damit, dass in einer solchen Situation Guthaben und Kreditverbindlichkeiten im selben Umfang gestrichen werden. Immerhin 11 Prozent trauen dem deutschen Staat zu, Kreditnehmern zusätzliche Sicherheiten z. B. in Form von Zwangshypotheken abzuverlangen.
Nur 6 Prozent zählen dagegen auf staatliche Hilfe und halten es für möglich, dass der Staat die Schulden - z. B. durch eine Umbuchung auf die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau - übernimmt. Ebenfalls 6 Prozent der Befragten glauben, dass große Kredite über 50.000 Euro gestrichen werden, während kleinere Darlehen bestehen bleiben.
Kaum Unterschiede zwischen Ost und West
Zwischen Ost und West, Nord und Süd sowie zwischen Männern und Frauen zeigten sich kaum nennenswerte Unterschiede in den Antworten. Auffällig: In den Einkommensgruppen "unter 500 Euro" und "2500 bis 3000 Euro" glauben tendenziell mehr Befragte an eine reale Erhöhung der Kreditlast durch eine stärkere Anpassung der Einkommen als der Kreditverbindlichkeiten nach unten. Auch junge Menschen im Alter von 18-24 Jahren fürchten ein solches Szenario etwas stärker als ältere Personen. Mit einem höheren formalen Bildungsabschluss wächst diese Sorge ebenfalls.
Im Ergebnis fürchten drei Viertel der Befragten aus der Perspektive eines Kreditnehmers (!) heraus eine Währungsreform oder eine vergleichbare Eskalation der Euro-Krise. Historisch betrachtet ist diese Sichtweise nicht nachvollziehbar: Bei den letzten drei Währungsreformen in Deutschland kamen Kreditnehmer deutlich glimpflicher davon als Sparer bzw. wurden de facto sogar entlastet.
Blick in die Geschichte: Währungsreformen und Kredit-Umstellungen in Deutschland
In den vergangenen 90 Jahren gab es in Deutschland mehrere Währungsreformen. 1923 kam es zur großen Inflation, an deren Ende die frühere Währung "Mark" im Verhältnis "10 Billionen zu 1" auf die neue Reichsmark umgestellt wurde. Sparer wurden dadurch zu nahezu 100 Prozent enteignet, Kreditnehmer dagegen zu nahezu 100 Prozent entschuldet. Hausbesitzer mussten von 1924 bis 1943 eine so genannte "Hauszinssteuer" bezahlen, die den durch die Geldentwertung entstandenen Vorteil ausgleichen sollte. Einfache Privatkredite waren, soweit es sie damals gab, dagegen einfach "verschwunden".
Nur 25 Jahre später kam es 1948 erneut zu einer Währungsreform in den damaligen westlichen Besatzungszonen. Im Zuge der Einführung der Deutschen Mark wurden Kredite im Verhältnis 10:1 umgestellt. Löhne, Renten, Pensionen, Mieten, Pachten usw. wurden dagegen im Verhältnis 1:1 umgestellt - de facto wurden Kreditnehmer durch die Währungsreform also entschuldet. Auch nach dem Krieg gab es einen Lastenausgleich, der durch die Währungsreform entstandene Entschuldungsvorteile ausgleichen sollte. Er betraf aber hauptsächlich Immobilienbesitzer und gewerbliche Kredite und keine privaten Darlehen.
Kreditnehmer gehören zu den Gewinnern einer Währungsreform
1990 wurde die Deutsche Mark in der früheren DDR eingeführt. Auch dabei handelte es sich um eine Währungsreform, die Kreditnehmer begünstigte. Kredite wurden im Verhältnis 2:1 umgestellt, Löhne, Gehälter, Mieten und andere wiederkehrende Zahlungen aber im Verhältnis 1:1.
Kreditnehmer gehören damit historisch betrachtet zu den Gewinnern von Währungsreformen und ähnlichen Ereignissen. Insbesondere kam es in der Vergangenheit nie zu einer realen Aufwertung der Verbindlichkeiten. Das Gegenteil war der Fall: Da die Wirtschaft nach den Währungsreformen rasch wieder in Gang gebracht werden musste wurden "Altlasten" durch günstige Umstellungen reduziert oder sogar fast beseitigt.
Sinnvolle Kreditvorhaben nicht aufschieben
Für Privathaushalte sollte die Euro-Krise deshalb kein Grund sein, auf sinnvolle Kredite zu verzichten bzw. geplante Vorhaben aufzuschieben. Das Umfeld für Kredite war nie so günstig wie jetzt: Die Zinsen für Privatkredite sind so niedrig wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg.
Es steht zu befürchten, dass viele Kredite dennoch auf die lange Bank geschoben werden, weil die Risiken einer möglichen Währungsreform zu undifferenziert betrachtet werden. Das könnte ein Grund für die trotz bester Rahmenbedingungen nur mäßige Nachfrage nach Konsumkrediten sein.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 29.10.2013 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 29.10.2013
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Schlagwörter: creditolo-Studie, Währungsreform, Kredite, YouGov, Gewinnern einer Währungsreform, Sinnvolle Kreditvorhaben nicht aufschieben
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