BGH-Urteil: SCHUFA darf Kredit-Score weiterhin unter Verschluss halten
Die SCHUFA muss die Zusammensetzung ihrer Scorewerte für die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern nicht offenlegen. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag. Die SCHUFA verweigert die detaillierte Offenlegung seit langem und verweist auf ihr Geschäftsgeheimnis. Die Auskunftei gewinnt zunehmend die Deutungshoheit über die Definition von Kreditrisiken.
Der BGH wies die Revision gegen die Urteile der Vorinstanzen zurück. Geklagt hatte eine 54 Jahre alte Angestellte aus Hessen. Dieser war von ihrer Bank die Finanzierung eines Fahrzeugs verwehrt worden. Daraufhin verlangte die Klägerin Auskunft darüber, wie das Urteil über ihre Kreditwürdigkeit zustande gekommen war. Die SCHUFA wollte über eine konventionelle Selbstauskunft hinaus keine Informationen dazu erteilen. Das Amtsgericht und das Landgericht gaben der Auskunftei darin Recht.
Klägeranwalt: Schema F muss transparent sein
Der Anwalt der Klägerin, Wendt Nassall, bemängelte die Beschränkung der Auskunft zur Zusammensetzung der Bewertungsmethoden. Es sei verständlich dass im Massengeschäft der SCHUFA Bewertungen nur nach standardisierten Verfahren möglich seien. Diese müssten jedoch transparent sein. Nassall verwies in diesem Zusammenhang auf den 2010 eingeführten Paragrafen §34 im Bundesdatenschutzgesetz.
Die SCHUFA zeigte sich in einer Stellungnahme auf ihrer Homepage erfreut über die Entscheidung des 6. Zivilsenats: "Die SCHUFA begrüßt, dass damit ihre besonderen Bemühungen um mehr Transparenz letztinstanzlich anerkannt werden. Jeder Verbraucher erhält von der SCHUFA Auskunft darüber, welche Daten zu seiner Person für die Berechnung von Scores verwendet werden. Dies ermöglicht unter anderem eine Prüfung der Datengrundlage. Außerdem informiert die SCHUFA detailliert über das Zustandekommen und die Bedeutung der Scores. Der BGH erkennt an, dass es sich bei dem zu Grunde liegenden mathematisch-statistischen Berechnungsverfahren um ein schützenswertes Geschäftsgeheimnis handelt. Der BGH bekräftigt damit die bisherige Rechtsprechung aus vergleichbaren Verfahren".
SCHUFA sieht sich bestätigt
Im Hinblick auf die Bedeutung der Scorewerte gibt es recht wenig Klärungsbedarf: Fallen sie zu schlecht aus, verweigern Banken, Versandhändler und Telekommunikationsunternehmen unisono den Abschluss von Verträgen mit Vorleistungscharakter. Dass die SCHUFA „detailliert“ über das Zustandekommen der Scorewerte informiert war nicht Bestandteil der BGH-Entscheidung und dürfte auch ansonsten wenig Bestätigung finden.
Im Gegenteil: In den entscheidenden Fragen sind die so genannten "Branchenscores" eine Blackbox. Insbesondere die Gewichtung von der Anzahl der bestehenden Konten und Kreditkarten, der laufenden und früheren Kreditverträge und der Bedeutung von Merkmalen wie z. B. Ratenhöhe und Laufzeit lässt sich kaum abschätzen. Ebenso unklar ist der Einfluss von Merkmalen des "Geo-Scorings" - darunter fallen z. B. die Adresse, die im Bezirk angemeldeten Fahrzeuge und andere Erhebungen dieser Art.
Kein Wettbewerb auf dem Bonitätsmarkt
Es wäre einseitig die SCHUFA als "monopolistische Datenkrake" darzustellen wie es mitunter getan wird. Die Auskunftei kann mit Recht behaupten, zum reibungslosen Funktionieren des deutschen Kreditmarktes wesentlich beizutragen. Die Ausfallrate bei Krediten in Deutschland liegt mit ca. 2,50 Prozent deutlich unter der in anderen europäischen Ländern. Kredite und andere Verträge mit Kreditcharakter können sehr schnell abgeschlossen werden, weil die SCHUFA in Echtzeit und zu niedrigen Kosten die für Vertragspartner notwendigen Daten bereitstellt.
Dennoch wäre mehr Wettbewerb auf dem Markt für für Verbraucherbonitäten wünschenswert. Gäbe es in Anlehnung an den Markt für Ratingagenturen vier oder fünf große Auskunfteien könnten diese jeweils eigene Scoring-Methoden entwickeln. Im Wettbewerb könnte dies in einem höheren Maße als es heute der Fall ist sicherstellen, dass Verbrauchern nicht nur aufgrund vermeintlicher statistischer Besonderheiten existenziell notwendige Verträge durch potenzielle Vertragspartner verwehrt werden.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 29.01.2014 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 29.01.2014
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Schlagwörter: SCHUFA, Kredit-Score, BGH Urteil, SCHUFA Scoring, Berechnungsverfahren
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