Niedrige Zinsen bedrohen Geschäftsmodelle von Banken
Das anhaltend niedrige Zinsniveau könnte schon in wenigen Jahren zu deutlich steigenden Kreditzinsen führen. Das ist nur scheinbar paradox: Gerät das Geschäftsmodell von immer mehr Banken aufgrund der künstlich niedrigen Zinsen ins Wanken könnte negative Folgen für den Kreditmarkt nach sich ziehen.
Der Ökonom Bernd Nolte warnte kurz nach dem Jahreswechsel vor einer "Regionalbankenkrise" in Deutschland. Das niedrige Zinsniveau gefährdet dem Finanzexperten zufolge die Existenz deutscher Sparkassen und Volksbanken. Durch das niedrige Zinsniveau sei der Kern des Geschäftsmodells der Institute - die Akquisition von Einlagen und deren Weitergabe im Kreditgeschäft - gefährdet, warnte Nolte damals.
Sparkassen und Volksbanken unter Druck
Der Ökonom hatte im Auftrag von Sparkassen und Volksbanken die Ertragslage von rund 300 Instituten untersucht. Das Ergebnis: Bereits im vergangenen Jahr habe das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bei 35 Prozent aller regionalen Banken in einem "wettbewerbsgefährdeten Bereich" gelegen. Nolte rechnet damit, dass bereits 2018 zwei Drittel aller Sparkassen und Volksbanken in ihrer Existenz bedroht seien, sofern sie keine geeigneten Maßnahmen ergriffen.
Besteht das niedrige Zinsniveau noch eine längere Zeit fort könnte sich die Anzahl der Anbieter im Kreditgeschäft merklich reduzieren. Denn nicht nur regionale Banken leiden unter den niedrigen Kreditzinsen. Bei Zinssätzen ab 4-5 Prozent und einer Kreditausfallrate von rund 3 Prozent bezogen auf den gesamten deutschen Kreditmarkt sind die Margen in diesem Segment auch für viele andere Institute zu niedrig.
Bei weniger Anbietern steigt der Gewinnaufschlag
Verabschieden sich Anbieter aus dem Markt verteilt sich das Marktvolumen auf weniger Anbieter, was infolge der betrieblichen Fixkostendegression einen moderaten Ausbau der Margen nach sich ziehen könnte. Mindestens ebenso wahrscheinlich sind jedoch strukturell höhere Gewinnaufschläge der verbliebenen Akteure auf die Refinanzierungskosten. Je geringer die Anzahl der Anbieter in einem Markt, desto höher sind ceteris paribus auch die Preise (Zinssätze bzw. Gewinnaufschläge auf die Refinanzierungskosten).
Damit könnte das Margenproblem der dann noch im Markt verbliebenen Anbieter zum Teil gelöst sein - sicher ist das aber keinesfalls. Die Anbieter, die aus dem Markt ausscheiden müssen nach neuen Geschäftsmodellen suchen.
Schon seit längerer Zeit ist zu beobachten, dass zusätzliche geldpolitische Lockerungen der EZB immer geringere Auswirkungen auf den Kreditmarkt ausüben. Als vor einiger Zeit negative Leitzinssätze diskutiert wurden verwiesen Experten warnend auf ein solches Experiment in Dänemark. Dort hatten Banken die Kosten für Zinssätze unter 0,00 Prozent schlicht auf Kredite umgelegt.
Die EZB will nicht schuld sein
Daraus folgt, dass sich die Refinanzierungskosten nicht mehr weiter senken lassen. Können die Refinanzierungskosten nicht gesenkt werden, müssen sie steigen oder konstant bleiben. Steigen sie, hätte die EZB ihren Expansionskurs zumindest entschärft, was gegenwärtig kaum vorstellbar ist. Bleiben die Refinanzierungskosten konstant muss ein Teil der Anbieter vom Markt verschwinden, damit die Margen für die anderen ausreichen.
Die EZB weist Vorwürfe im Hinblick auf mögliche negative Folgen des niedrigen Zinsniveaus stets entschieden zurück und behauptet, sie beeinflusse mit ihrer Geldpolitik lediglich die kurzfristigen Zinsen. Die Behauptung lässt sich denkbar einfach widerlegen: Durch ihre (angekündigten) Interventionen auf dem Bondmarkt sind auch die Renditen deutscher Staats- und Bankanleihen zu niedrig.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 30.01.2014 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 30.01.2014
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Schlagwörter: Kreditmarkte, Niedrige Zinsen bedrohen Geschäftsmodelle von Banken
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