Banken schaffen Strafzinsen ab: Wird der Dispokredit jetzt kundenfreundlich?
Mit der ING-DiBa und der Sparkassentochter 1822direkt haben zwei prominente Direktbanken die Strafzinssätze für geduldete Überziehungen abgeschafft. Bankkunden sollten ihren Dispokredit dennoch nicht sprengen: Auch weiterhin drohen an vielen Stellen Nachteile.
Um eine "Dispozins-Revolution" zugunsten chronisch klammer Bankkunden handelt es sich bei der - bislang bezogen auf den Bankenmarkt lediglich punktuellen - Abschaffung der Strafzinsen nicht. Erstens ist unklar, wie viele Kunden von der Maßnahme überhaupt profitieren: Auch wenn Banken in ihrem Preisverzeichnis einen gesonderten Zinssatz für geduldete Überziehungen ausweisen müssen sie Verfügungen über den vereinbarten Dispositionskredit hinaus nicht tolerieren. Es ist somit möglich, dass die aggregierte Einsparung für alle Kunden gemeinsam sehr gering ausfällt. Für die Banken wäre die Abschaffung im Umkehrschluss somit kein großer Schritt.
Ohne Strafzins keine geduldete Überziehung?
Zweitens ist denkbar, dass Banken nach der Abschaffung ihrer Strafzinsen ihre Überziehungspolitik ändern: Möglicherweise werden geduldete Überziehungen bei den betreffenden Banken weniger oder gar nicht mehr geduldet. Ob es in den kommenden Wochen und Monaten zu vermehrten Kündigungen bei klammen Kunden kommen wird, bleibt abzuwarten.
Drittens sind dauerhafte Kontoüberziehungen auch weiterhin keine günstige Angelegenheit. ING-DiBa und 1822direkt zählen mit Sollzinssätzen nahe 8,00 Prozent zwar zu den günstigeren Anbietern am Markt. Kunden mit guter und durchschnittlicher Bonität erhalten Ratenkredite jedoch zu Zinssätzen ab ca. 4,00 Prozent und damit deutlich günstiger.
Dispokredit überziehen schadet der Bonität auch weiterhin
Im Durchschnitt des Marktes ist die Realität weiterhin eine ganz andere. Die nach eigenen Angaben unabhängige FMH Finanzberatung schätzt den durchschnittlichen Sollzins für in Anspruch genommene, eingeräumte Dispositionskredite auf 10,27 Prozent. Den durchschnittlichen Sollzins für geduldete Überziehungen taxiert die FMH auf 14,62 Prozent - in der Spitze werden sogar fast 18,20 Prozent fällig.
Viertens führt eine Überziehung eingeräumter Kreditlinien zu Schäden an der persönlichen Bonität des Kreditnehmers. Viele Banken verlangen bei Kreditanträgen nicht umsonst die Vorlage der Kontoauszüge der vergangenen sechs bis zwölf Wochen: Finden sich dort Überziehungen wird die Kreditvergabe häufig verweigert. Sogar die Anhebung eines bestehenden Dispokredits ist sehr viel schwieriger, wenn der Kreditrahmen sich bereits im Überzug befindet.
Dispokredit mit Raten- oder Rahmenkredit umschulden
Der Dispokredit bleibt deshalb eine Finanzierungslösung für kurzfristigen Finanzierungsbedarf und sollte nicht dauerhaft in Anspruch genommen werden. Kann ein ausgeschöpfter Kredit aus dem laufenden Einkommen heraus nicht mehr zurückgeführt werden ist ein Ratenkredit die bessere Lösung - im aktuellen Marktumfeld sind auch lange Laufzeiten zu niedrigen Zinssätzen erhältlich, wodurch sich Umschuldungen mit niedrigen Monatsraten realisieren lassen.
Tritt spontaner Geldbedarf häufiger auf und sollen Kreditanfragen vermieden werden kann ein Rahmenkredit geeignet sein – die Zinssätze sind deutlich niedriger, die Tilgung aber nicht wesentlich unflexibler als bei Dispokrediten.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 04.03.2014 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 04.03.2014
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Schlagwörter: Dispozins, geduldete Überziehung, Strafzins
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