Dispo-Warnpflicht: Was Banken wirklich wollen
Verkehrte Welt? Große Kreditinstitute wie die Commerzbank fordern eine "Dispo-Warnpflicht" und damit die Auflage durch den Gesetzgeber, ihre Kunden zu belästigen und aufzufordern, den aus Bankenperspektive lukrativen Dispositionskredit seltener zu nutzen. In Wahrheit steckt etwas ganz anderes hinter den Plänen.
Die Pläne auf politischer Ebene sehen vor, dass Bankkunden bei längerer Nutzung ihres Dispokredits durch ihre Bank kontaktiert werden sollen. Die Institute sollen dann alternative Kreditoptionen anbieten – schließlich gehören Kontoüberziehungen zu den teuersten Verschuldungsmöglichkeiten. Paternalismus zum Wohle der Verbraucher also.
Wem hilft die Zins-Warnung?
Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die "Dispo-Warnpflicht" schon vor ihrer Konkretisierung als Rohrkrepierer. Bankkunden mit überzogenem Girokonto können grob in drei Gruppen unterteilt werden. Erstens jene, die ihren Kreditrahmen dauerhaft ausreizen und sich einen Kontoausgleich mangels verfügbarer Freiräume nicht leisten .können. Dieser Gruppe hilft die Umschuldung in einen Ratenkredit nicht, weil die monatlichen Belastungen dabei selbst bei langen Laufzeiten wachsen. Dass die Bank einen Rahmenkredit ohne Mindesttilgung zu einem deutlich günstigeren Zins anbietet kann ausgeschlossen werden.
Die zweite Gruppe nutzt den Dispokredit so, wie er einstmals gedacht war: Gelegentlich und nur für wenige Tage – etwa bei einer unvorhergesehenen größeren Ausgabe kurz vor dem monatlichen Geldeingang. Für diese Gruppe ist der Kontokorrentkredit trotz der hohen Zinsen die günstigste, weil praktischste Option. Ein Ratenkredit würde dieser Klientel nur Umstände und höhere Kosten bescheren.
Banken wollen den Staat als Verkaufsargument
Die dritte Gruppe sind Kunden, die ihr Girokonto häufig oder dauerhaft überziehen und aus Gründen der Bequemlichkeit und Unentschlossenheit keine Umschuldung angehen. In Einzelfällen sind Vorteile durch die geplante Warnpflicht in dieser Gruppe denkbar: Manche Kunden trauen sich bei überzogenem Konto nicht, die Bank auf günstigere Lösungen anzusprechen oder sind dazu schlicht zu desinteressiert. Diese Kunden sind zahlenmäßig überschaubar.
In Wahrheit geht des den Banken um etwas anderes: Der Gesetzgeber soll als Verkaufsargument für den Vertrieb herhalten. Ein Vertriebsmitarbeiter könnte einen Kunden mit überzogenem Girokonto anrufen und sich sofort auf den Gesetzgeber berufen. Der Staat ist in finanziellen Angelegenheiten in Deutschland das beste aller denkbaren Verkaufsargumente, wie zig Millionen Riester-, Rürup- und Bahr-Verträge belegen.
Banken werden diverse Produkte an den Kunden bringen
Verbraucherschützer erhoffen sich eine Ansprache nach dem Muster: "Der Gesetzgeber schreibt uns vor, Ihnen günstigere Kredite anzubieten". Tatsächlich wird die Ansprache (in etwa) lauten: "Sie nutzen eine durch den Gesetzgeber als riskant eingestufte Darlehensvariante. Das Gesetz schreibt uns vor, im persönlichen Gespräch mit Ihnen Ihre Finanzlage zu analysieren und bessere Lösungen zu finden".
Der weitere Gang der Dinge ist absehbar: Es wird eine vollständige Bedarfsanalyse inklusive Altersvorsorge, Sach- und Personenversicherungen, Vermögensaufbau usw. durchgeführt. Normalerweise müssen Banken recht viel investieren, um Kunden in diese Abschlussposition zu bringen. Die Dispo-Warnpflicht wird die Vertriebsaktivitäten und damit auch die Umsätze der Institute in die Höhe schnellen lassen. Vertriebsmitarbeiter wissen: Kunden mit überzogenem Konto fühlen sich oft in einer Position der Schwäche und Abhängigkeit, was die "Erfolgsquote" erhöht.
Kredite Umschulden ohne Staat
Wer hohe Sollzinsen sparen und dabei auf Bevormundung mit Hintergedanken verzichten möchte sorgt vor und gleicht überzogene Girokonten schon jetzt mit einem günstigen Ratenkredit aus. Die Marktsituation ist günstig: Die Kreditzinsen sind bei vielen Banken auch bei langen Laufzeiten und durchschnittlicher Kreditwürdigkeit niedrig und werden auch mehr deutlich sinken.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 20.05.2014 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 20.05.2014
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Schlagwörter: Dispo, Dispo-Kredit, Dispozinsen, Dispo-Warnpflicht
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