Der Handel mit Immobilienkrediten - Neue Marktlücke?
Wer ein Haus bauen oder kaufen möchte, wird seine Bank besuchen, bevor er den ersten Stein legt, denn die Finanzierung soll ja auf festen Füßen stehen. Nichts ist ärgerlicher – und kostspieliger – als eine Berechnung, die wackelt. Das könnte passieren, wenn die Lebenshaltungskosten und laufenden Verpflichtungen nicht richtig ermittelt, und das monatlich zur Verfügung stehe Geld als zu hoch eingestuft wurde. Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit und Scheidung sind weitere Faktoren, warum das neue Haus plötzlich einen Käufer suchen könnte. Wurde aber eine standfeste Finanzierung erstellt, braucht sich niemand vor solchen Dingen zu fürchten.
Tatsächlich? Denn schon tauchen Schlagzeilen auf, die eine weitere Möglichkeit für ein Desaster anbieten.
Ist die Finanzierung einmal sattelfest und das Haus gebaut, wähnt sich der Kunde in guten Händen und meint, solange er seine Raten pünktlich zahlt, hat er Ruhe bis an sein Lebensende. Groß dürfte dann aber die Überraschung sein, wenn plötzlich ein freundlicher Mann aus den Staaten an der Tür klingelt und nach zusätzlichen Sicherheiten fragt. Oft ist es aber so, dass diese Sicherheiten nicht existieren, denn das was da ist, wurde ja an die Hausbank abgetreten. Kommt deswegen dann prompt die Forderung nach einer sofortigen Zurückzahlung, bleibt einem nur noch der ungläubige Blick.
Ein solcher US-Finanzinvestor soll in Deutschland schon tausendfach gesichtet worden sein. Als Grund hat sich heraus kristallisiert, dass deutsche Banken und Sparkassen notleidende oder nur vermeintlich faule Kredite an Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften verhökert haben. Da sich mit Immobilienkrediten inzwischen ein schwunghafter Handel ergeben haben soll, sind nun viele Verbraucher verunsichert, denn auf deren Rücken wird das ganze ausgetragen. Sie wissen nämlich nichts vom Verkauf ihres Kredits, können sich deshalb kaum dagegen wehren und sind plötzlich ohne ihr Wissen oder gar Einverständnis einem gierigen Geschäftspartner ausgesetzt, der förmlich die Dollarzeichen in den Augen hat. Der Ruf nach einem Grundsatzbeschluss im Kabinett schallt inzwischen laut, um die Unsitte einzudämmen. Was genau ist aber wirklich los?
Jede Bank sichert sich gegen Risiken ab, denn Pleite gehen ist das Schlimmste, was ein Kreditinstitut sich vorstellen kann. Höhnisches Gelächter von allen Seiten wäre ihm sicher. Dabei geht es nicht nur um Immobilienkredite, sondern auch um Darlehen für den Mittelstand und sogar Schiffsinvestitionen. Deutsche Banken nutzen für die Refinanzierung im Immobiliengeschäft derzeit den klassischen Pfandbrief. Nun aber soll sich alles ändern, denn schon seit 2001 wird aus Hamburger Gefilden die Verbriefung von Immobilienkrediten angestrebt, und das ist ein boomendes Geschäft, wie andere Länder, z.B. die USA oder England, zeigen.
Die so genannten Asset Backed Securities (ABS) bilden das Prinzip hinter den Verbriefungen. Man mag dabei an Wertpapiere denken, wenn die Risiken vieler Einzelkredite aus dem Wohnungs- oder Gewerbeimmobilienbau gebündelt, nach Ausfallrisiken sortiert und zusammen gefasst werden. An den internationalen Kapitalmärkten können diese Wertpapiere dann von mehreren Anlegern gekauft werden, auch wenn keine direkte Börse für diese Papiere besteht. Vielmehr decken die Investmentbanken die weltweit große Nachfrage. Als Interessenten entpuppen sich zum Beispiel Banken und Versicherungen. Vermögende Privatpersonen sind eher die Ausnahme. Die Käufer tragen zwar gemeinsam das Risiko und den Verlust, wenn die Balken wirklich brechen sollten. Aber in ihrer Kasse klingelt auch ein Großteil der Zinsen und der Risikoprämie.
Da fragen wir uns, warum die Banken überhaupt ihre Kredite verkaufen, wenn es ein so gutes Geschäft ist, nach dem sich andere offenbar die Finger lecken. Und die Antwort lautet, dass die Verbriefungsbank noch ein kleines bisschen von der Risikoprämie einbehält, zwar nur einen Promillesatz, aber das läppert sich offenbar. Schließlich trägt sie kein Ausfallrisiko mehr und verdient auf jeden Fall, egal wie das Spielchen ausgeht. Wie heißt es doch so schön? Die Bank verdient immer. Ein weiterer Grund ist jedoch, dass die Banken mit dem Verkauf von Immobilienkrediten Posten für neues Geschäft frei machen, das sie so nicht hätten tätigen können. Die Risiken gut laufender Kredite können von den Banken auch verbrieft am Markt platziert werden. Dann bleibt der Kredit in deren Büchern, und der Kunde merkt nichts von dem Deal. Dieser Verkauf des Ausfallrisikos nennt sich in Fachkreisen "synthetische" Verbriefung. Dabei bleibt die Geschäftsbeziehung für den Kunden bestehen.
Immobilienerwerber, die diesen Artikel mit wachsendem Unmut aufgenommen haben, können nun aber auch eine gute Meldung über sich ergehen lassen, denn Forderungen von Verbänden und Politikern gemäß, sollen Banken vor Vertragsabschluss darauf hinweisen, ob der Kredit verkauft werden kann. Dafür sollen verkaufbare Kredite mit günstigerem Zinssatz angeboten werden. Danach kann jeder frei wählen, ob er einen günstigen Kredit mit Verkaufsmöglichkeit dem etwas teureren, unsicheren Kredit vorzieht. Tja, wer die Wahl hat, hat die Qual.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 30.10.2007 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 30.10.2007
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Schlagwörter: Immobilienkredite, Kredite, Handel, Marktlücke, Finanzierung
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