Schuldneratlas 2018 - Fast 7 Mio. Bundesbürger sind überschuldet
Der 01. Oktober 2018 war Stichtag für die Ermittlung einer Quote der Überschuldung für Deutschland. Die Auskunftei Creditreform stellt jedes Jahr einen Atlas mit allen Zahlen und Fakten rund um das Thema der Überschuldung der deutschen Bundesbürger vor. Danach liegt eine solche immer dann vor, wenn ein Schuldner seine fälligen Verpflichtungen zur Zahlung mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen kann.
In diesem Jahr liegt diese Quote bei 10,4 %. D. h. die Überschuldung von Privatpersonen hierzulande ist zum fünften Mal in Folge gestiegen. Demzufolge sind 6,9 Mio. Bürger über 18 Jahren überschuldet. Das sind im Vergleich zum Vorjahr ca. 19.000 Personen mehr.
Neue Trends und Prognosen
Creditreform hat im Zuge ihres aktuellen Berichts einen neuen Trend feststellen können. Der Anstieg der Intensität der Überschuldung beruht zum ersten Mal seit 2016 wieder auf der Zunahme der Fälle mit geringer Intensität. Diese nahm seit dem letzten Jahr um 106.000 Fälle von Überschuldungen zu. Solche mit hoher Intensität nahmen im Gegenzug um ca. 87.000 Fällen ab. Nichtsdestotrotz bleiben ca. 4,13 Mio. Menschen in Deutschland in einer sog. dauerhaften Schuldenspirale.
Ost und West im Vergleich
Auch bei der Betrachtung des Ostens und des Westens Deutschlands lassen sich einige unterschiedliche Entwicklungen feststellen. Laut Creditreform hat sich der sog. Grundtrend umgekehrt. D. h. während die Zahl der Überschuldungen im Osten um fast 8.000 Fälle zurückgegangen ist, steigt sie im Westen um ca. 27.000 an. Daraus lässt sich ableiten, dass sich die sog. Überschuldungsspirale im Westen deutlich schneller dreht als im Osten. Allerdings sind die Fälle mit hoher Intensität sowohl im Osten als auch im Westen gleich stark zurückgegangen. Fälle mit geringer Intensität sind jedoch angestiegen.
Vergleich der Bundesländer
Vergleicht man die einzelnen Bundesländer, so wird deutlich, dass sechs der Bundesländer einen Anstieg sowohl in Fällen als auch der Quote aufweisen. Wiederum sechs Bundesländer verweisen nur einen Anstieg der Quote und vier nur einen Rückgang der Fälle. Bei drei Bundesländern hat sich die Lage nicht geändert. Bayern und Baden-Württemberg führen das Ranking an, während Schlusslichter Bremen und Sachsen-Anhalt bilden. Die geografische Spreizung ist also immer noch sehr stark. Der Schuldneratlas besagt dazu, dass die Werte in bestimmten Regionen um das vier- bis fünffache auseinander liegen.
Einzelne Faktoren für eine steigende Überschuldung
Trotz brummender Konjunktur, starker Wirtschaft und der niedrigsten Arbeitslosenquote seit Langem steigt die Quote der Überschuldung. Für die Zukunft geht der Schuldneratlas sogar von einem weiteren Anstieg aus. Hierfür nennt er einige Faktoren.
Wohnen in deutschen Großstädten
Das Wohnen in Großstädten ist einer davon. Besonders ist hierbei, dass es kein direkter Faktor ist. Vielmehr ist er versteckt zu sehen, denn bei finanzieller Knappheit legen die Menschen den Fokus auf die Bezahlung der Miete. Den Menschen ist nichts wichtiger, als die Wohnung zu behalten. Die Folgen, die unbezahlte Rechnungen mit sich bringen, werden in Kauf genommen.
Arbeitslosigkeit der Jugendlichen nicht mehr akut
Jugendarbeitslosigkeit stellt kein Risiko mehr dar. Grund hierfür ist, dass sich die Zahl der jungen überschuldeten Personen um ca. 73.000 verringert hat.
Überschuldungstrend: neue Zielgruppe
Die Auskunftei macht mit ihrem neuen Bericht auf einen bedenklichen Trend aufmerksam. Das Thema "Altersüberschuldung" ist so aktuell wie nie. In diesem Jahr sind ca. 263.000 Menschen über 70 Jahren als überschuldet eingestuft (+69.000 Fälle; +35 %). Dennoch liegt die Quote mit 2,04 % unter den Vergleichswerten der anderen Altersgruppen.
In den Fokus rückt zudem die Gruppe der Frauen über 18 Jahren. Rund 7,65 % von ihnen können als überschuldet bzw. nachhaltig zahlungsgestört eingestuft werden. Bei den Männern liegt die Quote bei 12,55 %. Der allgemeine Trend geht dahin, dass die Quote der Frauen mit dem Alter zunimmt. Die der Männer hingegen sinkt nur minimal. Diese Entwicklung ist beunruhigend, zumal im fortgeschrittenem Alter kaum Möglichkeiten bestehen, die individuelle finanzielle Situation zu verbessern.
Schichten der Gesellschaft
Während die Überschuldungsquote für die „mittlere“ Schichten leicht zugenommen hat, verzeichnen die Überschuldungsfälle einen steten Zuwachs. Sowohl die „höheren“ Schichten, als auch die „unteren“ Schichten verweisen einen Anstieg der Zahl der Überschuldungsfälle.
Bildung und Abschlüsse
Auch der Schulabschluss ist ein wichtiger Faktor für die Ermittlung der Überschuldungszahlen. Demnach steht die Schulbildung und der Abschluss immer noch in einem engen Zusammenhang mit den Zahlen. 12,3 % der Menschen ohne Schulabschluss sind überschuldet. Bei den Menschen mit Fachhochschulreife sind es nur 8,3 %.
Blick in die Zukunft
Der Schuldneratlas 2018 zeigt angesichts der aktuellen Konjunktur keine Entspannung. Zumindest nicht für Privatpersonen. Experten rechnen auch in den nächsten Monaten mit einem Anstieg der Überschuldungen.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 15.11.2018 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
Über diesen Beitrag
Veröffentlicht am: 15.11.2018
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Schlagwörter: Schuldneratlas 2018, Überschuldung, 7 Mio. Bundesbürger
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