Auch das noch: Die SCHUFA will wechselfreudige Stromkunden speichern
Die SCHUFA will wechselfreudige Stromkunden speichern und ihnen damit die beliebten Wechselboni streitig machen.
Wird jetzt jedes Schnäppchen zur SCHUFA Falle? Verschlechtert ein Wechsel des Stromanbieters künftig die Bonität? Wir klären auf!
Den Stromanbieter wechseln und einen Neukundenbonus in Anspruch nehmen: Viele Stromkunden machen dies zum jährlichen Schnäppchenritual. Damit könnte bald Schluss sein.
Wie der NDR und die Süddeutsche Zeitung aufdeckten, planen die SCHUFA und die Münchner Wirtschaftsauskunftei Crif Bürgel offenbar Datenbanken für Schnäppchenjäger. Die Strombranche soll in diesen Datenbanken Vertragsmerkmale von Kunden speichern.
Werden Vielwechsler bald abgelehnt?
Verbraucherschützer fürchten, dass Energieversorger mit diesen Datenbanken gezielt wechselfreudige Stromkunden identifizieren könnten.
Das Prinzip: Bonusjäger könnten systematisch abgelehnt werden. Wer künftig „zu oft“ wechselt, wird dann vom neuen Anbieter schlichtweg nicht angenommen und muss im alten Tarif verbleiben. Im November wollen Datenschutzbehörden die Stromkunden SCHUFA zum Thema machen.
Offenbar haben Stromanbieter festgestellt, dass viele Kunden Schnäppchenjäger sind. Eigentlich wollten Stromanbieter mit Boni neue Kunden gewinnen. Die Boni sind eine Investition, die sich dann durch einen langfristigen Verbleib des Kunden rechnen soll. Wechselt der Kunde nach einem Jahr schon wieder, zahlt der Stromanbieter womöglich drauf.
Dass die Kosten für Schnäppchenjäger ein Thema der Branche sind, wird anhand der bereits heute gängigen Ablehnungen deutlich.
Das Verbraucherportal Wechselpilot etwa geht davon aus, dass bei einigen Energieversorgern bis zu 20 % der neuen Kunden trotz Antrags keinen Vertrag erhalten. Die Ablehnung erfolgt dem Portal zufolge dann oft ohne Begründung. Abgelehnte Kunden müssen sich dann einen anderen Versorger suchen oder im Grundversorgungstarif ihres örtlichen Stromversorgers bleiben.
Datenschützer: Verbraucher werden zum Freiwild
Bis jetzt werden Kundendaten unter Versorgern nur ausgetauscht, sofern die Kunden in Zahlungsverzug geraten oder einen Betrug begehen (und zum Beispiel den Stromzähler manipulieren).
Die neue Strom SCHUFA soll dagegen auch Daten von Kunden enthalten, die ihre Rechnungen pünktlich zahlen und sich auch sonst nichts zuschulden kommen lassen. Dies sieht der Schleswig-Holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert mit Sorge. Seine Befürchtung: Stromkunden
Was mit großen, strukturierten Datenbeständen von Stromkunden möglich sein könnte, lässt sich nur erahnen. Stromversorger könnten dann zum Beispiel intern festlegen, dass ein Kunde in den letzten fünf Jahren den Vertrag nicht gewechselt haben darf. Lag ein Wechsel vor, wird der Vertrag abgelehnt. Der frühere Wechsel eines Energieversorgers wird damit zu einer Art Negativmerkmal. Dabei ist der Wechsel zwischen verschiedenen Stromanbietern vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen. Es soll einen gewissen Wettbewerb auf dem Energiemarkt geben.
Die SCHUFA hat mit dem sogenannten E-Pool bereits eine Datenbank konzipiert. Die Auskunftei betont jedoch, dass diese „noch nicht marktfähig“ sei. Die SCHUFA spielt die Bedeutung einer solchen Datenbank herunter. So wird der SCHUFA Sprecher Ingo A. Koch in Medien damit zitiert, dass es bei der Datenbank nicht um das Verhindern eines Wechsels gehe. Vielmehr solle die „faktische und zeitliche Existenz“ aktueller Energiekonten gespeichert werden.
Was bringt einem Stromversorger die Information, dass ein bestimmter, vertragstreuer Verbraucher bereits ein Energiekonto bei einem anderen Versorger besitzt? Dass die Versorger eine Datenbank anlegen und sich gegenseitig die Kunden abzujagen, ist unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher erscheint vielmehr der Versuch, Verbrauchern unterschiedliche Preise und Verträge anzubieten.
Das Interesse der Energiewirtschaft ist jedenfalls groß. Laut in der Süddeutschen Zeitung zeigen sich bei einer Umfrage unter 75 Energieversorgern nur einzelne grundsätzlich ablehnend.
Falscher Stromvertrag = Kein Kredit mehr?
Die SCHUFA ist Verbrauchern bislang vor allem im Zusammenhang mit Krediten und Bankgeschäften bekannt. Wird das Geschäftsfeld der Auskunftei ausgeweitet, könnte dies erhebliche Konsequenzen für Verbraucher haben.
Die Auskunftei bewertet die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern. Dabei kommt ein sogenanntes Peer-Group-Verfahren zum Einsatz.
Das Prinzip: Die SCHUFA teilt Verbraucher in bestimmte Gruppen ein, denen Merkmalskonstellationen zugeordnet werden. Entspricht die Merkmalskonstellation eines einzelnen Verbrauchers der einer dieser Gruppen, wird er dieser Gruppe zugeordnet. Hat diese Gruppe eine gute Bonität, wird diese auch dem Verbraucher zugestanden. Weist eine bestimmte Gruppe dagegen eine schlechte Bonität auf, sinkt auch die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers.
Bekannt ist zum Beispiel, dass viele kleinere Ratenzahlungen im Handel die Bonität verschlechtern können. Der Grund liegt auf der Hand: Wer zum Beispiel im Elektronikmarkt bei einem Einkauf über 200 EUR Ratenzahlungen in Anspruch nimmt, ist finanziell oft weniger gut gestellt. Statistisch gesehen kommt es deshalb bei Verbrauchern mit vielen kleinen Ratenzahlungen häufiger zu Zahlungsausfällen.
Was sagt es über einen Stromkunden aus, wenn er häufig den Vertrag wechselt? Ist der Verbraucher einfach nur sparsam oder womöglich auch knapp bei Kasse? Ist letzteres der Fall, dürften auch Zahlungsausfälle statistisch häufiger sein.
Die mögliche Konsequenz einer zukünftigen SCHUFA Stromkunden Datenbank: Wer häufiger wechselt, zahlt mehr für den Kredit oder erhält erst gar keinen mehr.
Wo führt das noch hin?
Wenn den Stromanbietern die Kosten für Neukundenboni zu hoch sind, gibt es nur eine Konsequenz: In Zukunft müssen Kunden dann anders gewonnen werden - zum Beispiel durch eine nachhaltig attraktive Preisgestaltung. Wer langfristig orientierte, zuverlässige und kostengünstige Kunden schätzt, könnte zum Beispiel einen Rabatt für jährliche Einmalzahlungen im Voraus anbieten.
Ebenso denkbar wären gestaffelte Rabatte nach Vertragsdauer: Gewissermaßen ein zeitlich umgekehrter Bonus. Davon ist bei vielen Anbietern jedoch wenig zu sehen. Die Stromanbieter möchten möglichst kurzfristig möglichst viele Kunden gewinnen. Das ist verständlich - ebenso, wie dass Stromkunden möglichst wenig für ihre Versorgung bezahlen möchten.
Wenn das Beispiel der Strom SCHUFA Schule machen sollte, werden bald viele Unternehmen aus zahlreichen Branchen einen ähnlichen Versuch starten.
Als es noch Zinsen für Tagesgeld gab, war Zinshopping ein beliebter "Sport". Mit einer entsprechenden Datenbank würden Zinshopper sofort identifiziert und ausgebremst. Dasselbe Prinzip gilt für jeden Vertrag und jedes Produkt, das sich häufiger wechseln lässt. Was wird etwa aus den jährlichen Kfz Versicherungswechseln, wenn häufige Wechsler ausgesiebt werden?
Haben Sie hierzu Fragen? Sprechen Sie uns bitte an. Jederzeit, kostenfrei und unverbindlich. Sie haben folgende Kontaktmöglichkeiten:
Der (gegebenenfalls häufige) Wechsel von Verträgen ist gerade ein Wesensmerkmal der wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft. Zu dieser gehört übrigens auch, dass auf Märkten mit zu vielen Anbietern eine Bereinigung stattfindet.
Vielleicht gibt es ja zu viele Stromanbieter?
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 05.10.2020 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Kommentare zu diesem Beitrag
ei, das ist ja hinterfo**ig! erst mit einer weltweit einmalig verkorksten enerwiewende für linksgrüne traumtänzer die höchsten energiepreise der weltweit verbrechen und dann den verbrauchern auch noch die möglichkeit des wechselns vergellen? auf in den sozialismus! oder ist das alles nur ne verschwörung…?! ;-)
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my.creditolo
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Veröffentlicht am: 05.10.2020
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Schlagwörter: Schufa, Stromanbieter, Energieversorger, Datenbank, wechselfreudige Stromkunden
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