Bekommen wir nun keine Kredite mehr?
Seit einigen Tagen geht es rund auf dem Finanzsektor. An allen Börsen krachen die Kurse weg, und bei der französischen Bank Société Générale gehen gleich 5 Milliarden € durch einen einzelnen Mann flöten, und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der den Banken eh nicht mehr getraut wird. Die verzockten Milliarden im Immobilienbereich sind im Gedächtnis der Leute noch sehr präsent. Da fragen wir uns doch, ob die Finanzwelt nicht unkontrollierbar geworden ist. Schon prüft die Deutsche Bank ihr internes Sicherheitssystem. Das spricht für die auftretende Nervosität der Kreditinstitute. Sind unsere Gelder dort noch sicher, oder anders herum: Bekommen wir einfachen Bürger noch Kredite?
Was in der Finanzwelt los ist, verschließt sich keinem mehr. Selbst die Boulevardpresse fragt allenthalben: Kann ich meiner Bank noch trauen? oder: Ist mein Geld dort noch sicher? Betreten wir eine Bank oder Sparkasse, dann bietet sich uns eine Atmosphäre der Seriosität und der Sicherheit. Dieses peinlich gepflegte Umfeld wird aber in letzter Zeit immer mehr verschmutzt. Selbst die Jobs bei den Banken sind nicht mehr sicher. Die WestLB, immer die Nase vorn, wenn eine Mistgrube ausgehoben wird, macht es mit Stellenstreichungen vor.
Solche Schlagzeilen verunsichern nicht nur die gebeutelte Finanzwelt, sondern auch uns private Verbraucher. Das Metier der Banken ist nun mal das Geld. Sie borgen es sich bei privaten Anlegern und Sparen und wirtschaften damit, indem sie es anderen als Kredit zur Verfügung stellen. Damit ist es allerdings nicht mehr soweit her, wenn das Bare durch unbedachte Handlungen versickert. Geld, das nicht mehr da ist, kann auch nicht mehr verliehen werden. Dass Großabnehmer im Kreditwesen, Unternehmen und Firmen also, kein Geld mehr leihen können, macht durchaus Sinn. Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Ralph Solveen, beschreibt die Situation in der Finanzbranche dementsprechend und meint: „Wenn die Banken zu vorsichtig werden, fehlen den Unternehmen die Kredite. Sie investieren weniger. Das bremst das Wachstum in einer Zeit, in der sowieso schon von Abschwung die Rede ist.“
Wenn die Banken Ihr Geld zurück halten, dann ist das wie ein Ölverlust beim Auto. Der Motor für die Weltwirtschaft läuft Gefahr, zerstört zu werden. Aber wie steht es um die privaten Kunden, die meist nur eine vergleichbare kleine Summe haben möchten? Immerhin prophezeien Branchenkenner wie Dirk Vater vom Beratungsunternehmen Bain & Company, dass die Krisen auf dem Finanzmarkt noch lange nicht erledigt sind.
Es liegt auf der Hand, dass Kleinkredite ebenso gestoppt werden wie große Darlehen. Dazu gehören auch die Baufinanzierungen. Menschen, die in dieser wirtschaftlich schlechten Zeit ihre Raten nicht mehr bezahlen können, müssen ihr Haus meist der Bank geben, weil diese zu ihrer Sicherheit im Grundbuch eingetragen ist. Vor ein paar Jahren wurde kein Haus voll finanziert, weil es zuviel Risiko für die Bank bedeutete.
Genauer gesagt: Ein Haus im Wert von 200.000 € konnte nur bis zu einer Summe von 160.000 € finanziert werden. Das sind 80% der Bausumme. Der Grund lag darin, dass im Fall von Zahlungsschwierigkeiten ein Haus bei Versteigerung kaum den vollen Preis erzielt. Bei 80%iger Finanzierung stehen die Chancen für die Bank gut, das verliehene Geld reinzuholen, bei 100%iger Finanzierung bleibt ein beträchtliches Restrisiko von 20%. Heute, in Zeiten des hart umkämpften Marktes und des gnadenlosen Wettbewerbs sind sogar Finanzierungen über die 100% hinaus möglich, nämlich mit Notarkosten, Steuern und Gebühren. Finanzierungen von 120% sind keine Seltenheit.
Da aber der Immobilienmarkt eine Flaute erlebt und die in die Hose gegangenen Spekulationen auf diesem Markt noch erhebliches Wundenlecken nach sich ziehen, sind die Geldknechte mehr als vorsichtig, denn sie haben ja bewiesen, dass sie sich mit Immobilien nicht auskennen. Gebranntes Kind scheut das Feuer. Wir drücken den Häuslebauern die Daumen, dass sie auch weiterhin ihr Wunschhaus finanziert bekommen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und gibt den Sachstand vom 26.06.2009 wieder. Neuere Entwicklungen sind im Beitrag nicht berücksichtigt. Eine Haftung für Inhalte wird nicht übernommen.
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Veröffentlicht am: 26.06.2009
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Schlagwörter: Kredite, Finanzwelt, Finanzsektor, Miliarden, Banken, Geld
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