Bürgschaft auf erstes Anfordern
Bürgschaften gibt es in zahlreichen Sonderformen und nicht nur auf dem finanziellen Sektor. Mit zu diesen Sonderformen gehört die Bürgschaft auf erstes Anfordern, die seit 1979 bekannt ist. Sie ist gesetzlich nicht geregelt und ist auch rechtlich nicht gerade unbedenklich. Gleichwohl ist sie in der Praxis wegen diverser Freiheiten recht beliebt. In ihrer Form grenzt sie sich von der selbstschuldnerischen Bürgschaft ab, die den Verzicht auf die Einrede der Vorausklage beinhaltet.
Als selbstschuldnerischer Bürge hat dieser die Möglichkeit, seine Inanspruchnahme durch den Bürgschaftsgläubiger zu erschweren, indem er der Vorausklage mit einer Einrede begegnet. Dies wird er tun, wenn der Gläubiger nicht erst erfolglos versucht hat, seinen gesicherten Anspruch beim Hauptschuldner durchzusetzen. Um sich aber am Bürgen zu befriedigen, ist er nach § 771 BGB dazu verpflichtet.
Anders wird es bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern gehandhabt. Vor allem Bauverträge sind mit dieser Form der Vertragserfüllungsabsicherung in Verbindung zu bringen. Kein Wunder, ist die Bürgschaft auf erstes Anfordern doch so praktisch zu handhaben. Hier kann der Bürge sofort und ohne große Umstände in Anspruch genommen werden, ohne dass nachgewiesen werden müsste, dass der Sicherungsfall – z. B. schlechte Arbeit eines Auftragnehmers - überhaupt eingetreten ist. Der Bürge hat keine Möglichkeit der Einrede und muss den Prozess über sich ergehen lassen. Erst in einem Rückforderungsprozess kann er sein Veto geltend machen und unberechtigte Forderungen ungültig werden lassen, indem er die Korrektheit der Vertragserfüllung beweist. Mit Klauseln, die auf eine Bürgschaft auf erstes Anfordern hinzielen, hat sich in der Vergangenheit auch der BGH beschäftigt. War man dort bis 2002 noch der Meinung, eine solche Regelung sei unbedenklich, so wurde mit Urteil vom 18.4.2002 - Az. VII ZR 192/01 – volle Kraft zurückgerudert und eine solche Klausel für unwirksam erklärt. Natürlich hat ein Auftraggeber ein berechtigtes Interesse an vorbildlicher Auftragserfüllung. Er mag diese auch gerne durch eine Bürgschaft absichern. Es sei jedoch nicht einzusehen, warum ein Bürge ohne Nachweis der Notwendigkeit in Anspruch genommen werden könne. Dies setze eben den Nachweis voraus, dass der Sicherungsfall eingetreten sei. Fazit: Eine Bürgschaft auf erste Anforderung stellt eine unangemessene Benachteiligung dar.
Es mag nun den Anschein haben, dass sich das BGH Urteil nur auf die Baubranche bezieht. Dem ist nicht so, denn die Begründung ist so formuliert, dass sie sich nicht nur auf Bauverträge beschränkt. Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ist damit auch für Formularverträge und AGBs passé. Selbst bei Individualvereinbarungen hat die Bürgschaft auf erstes Anfordern keine Chance mehr, wenn sich herausstellen sollte, dass diese nur getroffen wurde, die neue Rechtsprechung des BGH zu umgehen.
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